Augmented Reality – Mit diesen Brillen siehst Du mehr

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Der Fortschritt in der Technologie bedeutet zugleich immer neue Konzepte zu entwickeln, wie der Mensch mit der Maschine interagiert, und umgekehrt. Vor 15 Jahren hätte sich noch niemand vorstellen können, dass wir heute fast alle mit kleinen Geräten, kaum größer als eine Scheibe Knäckebrot, herumlaufen, mit dem Finger darauf herumwischen und uns Katzenvideos direkt aus dem Internet ansehen. Oder dass wir mit unserer Armbanduhr Musik aus dem Internet streamen, während wir unsere Joggingstrecke per GPS aufzeichnen. Virtual Reality ist zwar schon länger eine bekannte Idee, konnte sich bisher aber nicht in dem Maße durchsetzen, wie ursprünglich erhofft. Ein neues Feld der Technik, die „Augmented Reality“, verspricht dagegen einen größeren Nutzen für den Alltag und hat damit vielleicht bessere Chancen, eine breitere Masse anzusprechen.

Was heißt „Augmented Reality“ überhaupt?

Der englische Begriff „augmented“ bedeutet so viel wie „angereichert“ oder „erweitert“. Das heißt, eine „augmented reality“ ist eine Sicht auf die Realität, wie wir sie mit unseren natürlichen Sinnen wahrnehmen, angereichert um zusätzliche Information. Also zusätzlich zu dem, was Du siehst, kann z. B. eine Brille Dir Text und Bilder ins Sichtfeld einblenden, welche genau zu dem passen, was sich gerade in ebendiesem Sichtfeld befindet. Man nennt dies auch „Mixed Reality“. Die Anwendungsmöglichkeiten sind schier unbegrenzt. Beim Sport, im Hobby, in der industriellen Fertigung, bei der Forschung, etc. und natürlich in der Welt der Spiele. Auch kann eine „Mixed Reality“ die Kommunikation zwischen zwei Personen erleichtern, wenn sie das Gesehene miteinander teilen können. Zum Beispiel, wenn es ein technisches Problem zu lösen gilt.

Was macht nun eine „Augmented Reality“-Brille genau?

Auf unserer Seite über „Wearables“ haben wir diese Art Brillen bereits einmal kurz beschrieben. Augmented-Reality-Brillen, oder auch „Smart Glasses“, verfügen über halbtransparente Displays, durch die Du hindurch sehen kannst, wie durch eine normale Brille. Im Gegensatz zu einer Virtual-Reality-Brille, die aus undurchsichtigen Displays vor Deinen Augen besteht.

Augmented Reality - Steuerung einer Drohne mit der Epson Moverio BT-300Mittels Kamera erfasst die Smart-Brille das Sichtfeld, das Du gerade siehst, und mit Beschleunigungssensoren und Gyroskopen erfasst sie die Bewegungen Deines Kopfs, genau wie eine VR-Brille. Mikrofone nehmen zusätzlich die Umgebungsgeräusche auf. Soweit der Input von der Außenwelt zur Smart-Brille.

All diese Informationen verarbeitet -je nach Miniaturisierung- die Brille selbst oder ein daran angeschlossenes Gerät (Controller), welches dann die Bilder und Daten in das Display einfügt, durch das Du hindurch siehst. Zusätzlich können auf verschiedenen Wegen noch akustische Informationen an Dein Ohr übertragen werden. Entweder per Lautsprecher oder per Vibrationsübertragung direkt über den Schädelknochen.

Damit zeigt Dir die Brille dann eine erweiterte Realität. Beispielsweise die aktuelle Windrichtung mit Pfeilen, oder eine Markierung auf einem bestimmten Objekt in Deinem Sichtfeld, welches für Dich gerade relevant ist. Oder aber auch ein vollständiges Hologramm eines Gebäudes, das sich ein Architekt oder Stadtplaner damit vor Ort ansehen kann, bevor es entsteht.

Das Kapitel „Google Glass“

Vorreiter bei dem Versuch, eine Smart-Brille massentauglich zu machen, war Google mit der „Google Glass“. Wahrscheinlich war Google seiner Zeit zu weit voraus. Datenschützer gingen damals (zu Recht) auf die Barrikaden, weil die „Datenbrille“, wie sie auch genannt wurde, potenziell alles aufzeichnen konnte, was in ihrem Blickfeld lag, und somit auch Unbeteiligte ohne deren Zustimmung in der Öffentlichkeit aufnehmen und mit ihrem aktuellen Standort in Verbindung bringen konnte. Der Punkt war nämlich, dass die Google-Brille es dem Träger ermöglichen konnte, per Gesichtserkennung Informationen über die Personen zu erhalten, die gerade im Blickfeld waren. Das ist natürlich kritisch. In vielen öffentliche Gebäuden, in Geschäften und Restaurants war die Google Glass darum sehr schnell verbannt, womit der wirtschaftliche Erfolg auch ausblieb. Google stellte den Verkauf 2015 offiziell ein.

Aber das Projekt ist nicht tot. Der Google-Mutterkonzern Alphabet hat die Entwicklung an die Partnerfirma Streye übertragen. Diese arbeitet weiter daran, die Brille zu perfektionieren und visiert dabei den professionellen Kundensektor an.

Welche Augmented-Reality-Brillen sind heute erhältlich?

Das Angebot an wahrhaft alltagstauglichen AR-Brillen ist noch übersichtlich, und die Preise dafür sind auch noch für die meisten unerschwinglich. Aber jede Technikrevolution hat einmal so angefangen. Dennoch möchten wir Dir hier die besten AR-Brillen vorstellen, die man heute schon kaufen kann.

Epson Moverio BT-300

Die kleine und zierliche Epson Moverio BT-300 wurde bereits 2016 erstmals präsentiert und ist seit letztem Jahr auch offiziell erhältlich. Ihre prismenartigen Gläser werden von der Seite mit OLED-Displays versorgt, die die Bildinformation ins Sichtfeld einblenden. Die Brille hat eine eingebaute Kamera sowieSensoren für die Kopfbewegungen. Als zentrale Recheneinheit dient ein per Kabel verbundener Controller mit Android-Betriebssystem, auf dem zusätzlich noch Tasten als Bedienelemente untergebracht sind.

Microsoft Hololens

Nicht ganz so klein und kompakt, dafür aber völlig autark ist die Microsoft Hololens. Sie wirkt vom Format her eher wie eine Ski-Brille, hat aber alles an Bord, was sie zum Darstellen der Augmented Reality und zur Kommunikation mit der Außenwelt benötigt. Kein Kabel, kein separater Controller. Allerdings ist sie mit fast 4.600 EUR auch das Preis-Schwergewicht im Bunde. Für sie spricht das sehr weit entwickelte Umfeld, in das die Brille integriert werden kann, denn Microsoft stellt rund um die Hololens eine Reihe von Services zur Verfügung, um die AR-Brille optimal einzusetzen. Zielgruppe ist natürlich der professionelle Bereich. Die Hololens lohnt sich eher für Techniker in einem Kernkraftwerk als für den Hobbyanwender.

Vuzix M300 Smart Glasses

Auch wenn vielen Endverbrauchern der Name Vuzix vielleicht kein Begriff ist, so ist dieses amerikanische Unternehmen doch bereits seit 1997 in der Entwicklung von Wearable Devices, also tragbaren smarten Geräten, tätig. Ähnlich wie bei der Microsoft Hololens ist auch das Zielpublikum der M300 eher ein industrielles Umfeld. Mit ihr lassen sich Tätigkeiten, bei denen auf eine schnelle Verfügbarkeit von Informationen zu einem gesehenen Objekt ankommt (Beispiel: Lagerverwaltung oder wissenschaftliche Arbeiten) rationalisieren und effizient unterstützen. Der Controller der M300 sitzt direkt auf dem Brillenbügel und läuft mit Android 6. Auf der Außenseite befinden sich Sensoren zur Steuerung mittels Wischgesten. Das Display sitzt außen vor dem Brillenglas und projiziert das Bild direkt ins Auge. Preis: ca. 2.300 EUR.

Google Glass Enterprise

Nach dem „Abwatschen“ durch Öffentlichkeit und Datenschützer hat Google sich mit der Smart-Brille 2015 vom Konsumentenmarkt zurückgezogen. Aber die bislang geleistete Arbeit soll nicht umsonst gewesen sein. Das Partnerunternehmen Streye übernahm die Weiterentwicklung und stellte das aktuelle Modell im August 2017 neu vor. Die „Enterprise“ richtet sich auch an Kunden, die die Brille im professionellen Umfeld einsetzen, so wie das alle bisher vorgestellten Hersteller tun. Ähnlich der Vuzix projiziert ein Prisma das Displaybild direkt aufs Auge. An der Seite des Gehäuses ist ein Touchpad zur Bedienung mit Wischgesten, außerdem kann die Brille über Lidbewegungen gesteuert werden. Wie auch bei den anderen Brillen ist der Preis der Google Glass nichts für Jedermann: 1.700 EUR.

Recon Jet Action-Brille

Die Recon Jet ist die einzige AR-Brille in unserem Quintett, die auch für Normalverbraucher erschwinglich ist. Sie zielt auf den Einsatz beim Sport ab. Oder besser zielte. Denn der kanadische Hersteller wurde 2015 von Intel übernommen und die Produktion Ende 2017 eingestellt. Aber es gibt noch Restposten des smarten Head-up-Displays für Enthusiasten. Damit kannst Du z. B. beim Radfahren Informationen über Deinen aktuellen Status oder eingehende Nachrichten ansehen, ohne den Blick von der Straße zu wenden. Preis: ca. 300 EUR.

Fazit zu Augmented-Reality-Brillen

So faszinierend die Fähigkeiten der bisher erhältlichen AR-Brillen auch ist, im Alltag sind diese bislang nicht wirklich nutzbar, ohne wie ein Cyborg oder zumindest wie ein Nerd auszusehen. Auch kann die Bedienung am Brillenrand mit Wisch- oder Tastbewegung in Situationen mit anderen Personen zumindest „merkwürdig“ erscheinen.

Zwar gibt (und gab) es bei einigen Herstellern Prototypen von Brillen, die diese Aspekte versuchen zu eliminieren, indem sie einerseits das Aussehen der Brillen „normaler“ gestalten und andererseits die Bedienung intuitiver und weniger aufdringlich machen wollen, aber oft wurden diese Produkte nicht weiterentwickelt oder vom Markt genommen (siehe Recon Jet).

Ein prominentes Beispiel ist die Intel Vaunt, die als erste Brille nicht groß, technisch und klobig aussehen will. Leider ist diese nie über das Prototypen-Stadium hinaus gekommen. Auch SONY hatte eine relativ alltagstaugliche Brille, die SmartEyeGlass, im Programm, die Produktion aber mittlerweile wieder eingestellt.

Es bleibt darum spannend zu sehen, wie sich dieser Technologie-Zweig weiter entwickeln wird und ob der Markt diese Entwicklungen annimmt. Das Beispiel Intel zeigt, dass selbst große Hersteller die Investitionen nicht tragen wollen, weil Ihnen die direkte Vermarktung nicht gelingt.

Warten wir also ab, ob wir künftig nicht mehr wie Smartphone-Zombies mit dem Blick nach unten gerichtet durch die Welt laufen, sondern stattdessen dem Gegenüber ins Auge sehen. Allerdings: der Andere weiß dann nie, was man selbst gerade sieht. Ob man im Gespräch zuhört, oder ob man gerade seine Facebook Pinnwand checkt.