Als im September dieses Jahres die Apple Watch Series 4 vorgestellt wurde, war eines der Highlights daran der EKG-Sensor und die über die übliche Pulsfrequenzmessung hinaus gehende Bestimmung des Herzschlags. Weitaus weniger Wellen machte die Tatsache, dass der taiwanesische Hersteller ASUS ein solches Feature bereits mehr als drei Monate zuvor in Taipeh auf der COMPUTEX mit seiner neuen Fitness-Uhr, der ASUS VivoWatch BP, präsentierte. Es kommt eben auf den Namen an!
Herausragendes Merkmal ist außer dem EKG-Sensor die Tatsache, dass die ASUS VivoWatch BP zusätzlich in der Lage ist, den Blutdruck zu messen. Darum auch der Zusatz „BP“ im Namen (für „blood pressure“). Aber wie macht sie das? Schauen wir uns darum die VivoWatch BP genauer an.
Aber bevor wir uns direkt ins Innere der Uhr stürzen, betrachten wir sie erst einmal von außen.
Zweck der ASUS VivoWatch BP
Als Nachfolgerin der vor drei Jahren vorgestellten VivoWatch tritt die „BP“ in die gleichen Fußstapfen, insofern, als dass sie ein reines Aufzeichnungsgerät für alle fitnessrelevanten Informationen ist. Eine Smartwatch in dem Sinne ist sie also nicht.
Dies ist wichtig zu wissen für das Anlegen der Bewertungsmaßstäbe. Mit einer Apple Watch, wie eingangs erwähnt, ist sie nämlich nicht vergleichbar. Diese ziehen wir nur heran, um die Funktionen des neuen Herzfrequenzmessers zu beurteilen.
Wichtigste Merkmale auf einen Blick
- Blutdruckmessung und EKG-artige Pulsmessung in Echtzeit nur 20 Sekunden
- Auswertung der Daten mit künstlicher Intelligenz. Exklusive Algorithmen leiten aus den Daten Gesundheitsempfehlungen ab
- Eingebautes GPS unterstützt das Training mit Auswertung auf Karten und Statistiken über Geschwindigkeit, Strecke und Dauer
- Akkulaufzeit von sage und schreibe 28 Tagen!
Design
Gegenüber der VivoWatch der ersten Generation hat die VivoWatch BP einige Änderungen erfahren. War die „alte“ Version noch eher in Richtung SmartWatch designt und optisch eng mit der ZenWatch aus demselben Hause verwandt, hat sich die 2018er Version nun ein deutlich zweckmäßigeres Design zugelegt. Man könnte auch -bösartig- sagen, einen Design-Rückschritt gemacht.
Denn wo zuvor noch eine große Anzeige umfangen von einem Edelstahlrahmen prangte, und deren Glasfront UV-Sensoren und LEDs beherbergte, haben wir es nun mit einer großen Fläche schwarzen Rahmens zu tun, in dessen Mitte nur noch ein briefmarkengroßes Display nur noch Text und Symbole anzeigt. Links davon befinden sich nun auf der Oberfläche der metallene EKG-Sensor sowie zwei optische HF-Sensoren und dazwischen einen optischen PPG-Sensor für den Blutduck. Die Fläche muss natürlich entsprechend groß sein, damit eine menschliche Fingerspitze darauf Platz findet. Das allein schreibt schon gewisse Gehäusedimensionen vor.
Der verwöhnte Smartwatch-Fan wird jedoch ob der mageren Darstellung der Anzeige ein wenig enttäuscht sein, aber werfen wir nicht gleich die Flinte ins Korn und geben der VivoWatch BP eine Chance.
Das Design der ASUS VivoWatch BP hatte nämlich stets zum Ziel, ein einfach zu bedienener täglicher Begleiter zur Überwachung des Gesundheitszustands zu sein. Zur Zielgruppe der Anwender gehörten darum auch nicht nur Hobby- und Leistungssportler, sondern auch ganz normale Menschen, die sonst keine Smartwatch verwenden, aber mit einem derartigen Wearable ihr Herz-Kreislaufsystem im Blick behalten. Dazu gehören zum Beispiel auch ältere Menschen. Und der kleinste gemeinsame Nenner um die Lesbarkeit der Anzeige und deren Nutzen ist das Ergebnis.
Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters, aber wir denken dennoch, dass die meisten Verfolger des Smartwatch-Marktes sich hier einig sind, dass die ASUS VivoWatch BP nicht zu den schönsten ihre Art gehört. Sie wirkt, als hätte ansprechende Ästhetik bewusst keine Rolle gespielt, oder als sei sie zumindest vergessen worden. Nun ja.
Herzfrequenzmessung im EKG-Stil und Blutdruckmessung zur selben Zeit
Um den Puls und den Blutdruck zu messen könnte die Bedienung einfacher nicht sein. Du drückst zum Starten den Button an der rechten Gehäuseseite und legst etwa 20 Sekunden lang die Fingerspitze auf die vier Sensoren. Die Messung beginnt. Währenddessen zeigt Dir ein Fortschrittsbalken an, wie lange die Messung noch dauert.
Im ersten Schrittt messen dabei die HF-Sensoren den Herzschlag im Stile eines EKG, also mit systolischen und diastolischen Ausschlägen und nicht nur die reine Zahl an Schlägen pro Minute.
Im zweiten Schritt misst der optische PPG-Sensor (Photoplethysmographie, Messung des Rotlichts) den Blutfluss direkt durch die Haut, um die Pulsfrequenz zu bestimmen.
Zuletzt berechnet die VivoWatch BP aus diesen Informationen nun die Trends für die Durchflussgeschwindigkeit des Bluts und den Blutdruck. Den Blutdruck errechnet sie aus der Dauer, die das Blut braucht, um vom Herzen zur Fingerspitze zu fließen und aus Deinen zuvor eingegebenen Körperdaten (u. a. die Größe, denn eine Armlänge ist etwa die Hälfte der Körpergröße).
Durch diese Einfachheit kannst Du jederzeit und überall die wichtigsten Informationen über Dein Herz messen und speichern. Im Gegensatz zu den meisten anderen Fitnessarmbändern muss man dabei nicht sitzen und den Arm anheben, sondern kann die Funktion beliebig auch in einer Laufpause beim Jogging nutzen.
Vergleiche haben gezeigt, dass die Blutdruck-Messwerte der ASUS VivoWatch BP und eines klassischen Blutdruck-Messgeräts mit aufblasbarer Manschette für den Arm sehr dicht beieinander lagen. Man kann also davon ausgehen, dass die VivoWatch zuverlässig misst.
Auswertung der Herzfrequenzdaten in der App
Die ASUS VivoWatch BP ist nur ein Teil des Gesundheitsmonitorings von ASUS. Sie ist nur die Hardware. Der zweite wichtige Teil ist die zugehörige Smartphone-App, welche die von der Uhr aufgezeichneten Daten auswertet und mittels künstlicher Intelligenz Schlussfolgerungen daraus zieht. Es gibt sie für Android und iOS:
Mit Hilfe der KI ist die App in der Lage, Dir personalisierte Empfehlungen und Tips bezüglich Deines Gesundheitszustandes zu geben. Sie lernt Deinen Zustand kennen, und was Dein Normalbereich ist. Andere Hersteller erfordern dafür die Eingabe dieser Daten durch Dich. Somit ist für die Uhr auch erkennbar, wenn Dein Herzschlag und Blutdruck außerhalb des gewöhnlichen Rahmens geraten. Die ASUS VivoWatch BP kann Dich so zum Beispiel per Vibration warnen, wenn Du in den anaeroben Trainingsbereich hineingerätst.
Die ASUS HealthConnect-App ist außerdem in der Lage, die aufgezeichneten Daten -oder Teile davon- bei Bedarf einfach und sicher Deinem Arzt zu übertragen, wodurch dieser einen Einblick in den täglichen Verlauf Deiner Herzfunktion erhalten kann. Das ist sicher aussagekräftiger als eine einmalige Blutdruck- und EKG-Messung vor Ort in der Praxis.
Drittens kann die App Dich auch dabei unterstützen, einen Therapieplan einzuhalten, indem sie eingegebene Daten wie z.B. Blutzucker, Gewicht oder Medikamenteneinnahmeplan verwertet, so dass sie Dich bspw. erinnern kann, eine bestimmte Pille einzunehmen.
Was kann die ASUS VivoWatch BP außerdem?
Außer dem Gesundheitsaspekt ist das klassische Fitnesstracking natürlich auch noch ein Ziel der VivoWatch BP. Gegenüber ihrer Vorgängerin ist der nun eingebaute GPS-Sensor ein enormer Vorteil, weil damit außer Schritte zählen nun die Aufzeichnung der Geschwindigkeit und der Wegstrecke beim Training möglich ist. Allerdings verfügt die Uhr nicht über eine Möglichkeit zur Anzeige der aktuellen Position auf dem Display. Kartendarstellungen gibt es nicht.
Der HF-Sensor am Gehäuseboden ist wie bei einem klassischen Fitnesstracker beim Sport im Einsatz, und die VivoWatch BP zeigt Dir wie eine normale Pulsuhr auch die aktuelle Herzfrequenz an und die Dauer des aktuellen Trainings. Die Farbe des Herzsymbols verändert sich dabei von Grün zu Rot, wenn Du vom aeroben Bereich in den anaeroben gerätst. Zusätzlich kannst Du Dich per Vibration warnen lassen, um nicht ständig aufs Display schauen zu müssen.
Ein Schrittzähler gibt Dir über Deine tägliche Bewegung Aufschluss. Nichts außergewöhnliches an diesem Feature.
Auch die Kalorienberechnung aus den Puls- und Bewegungsdaten in Kombination mit Deinen „technischen“ Daten, wie Alter, Größe, Geschlecht und Gewicht sind noch im Rahmen dessen, was man von anderen Fitnesstrackern kennt.
Anruf- und Nachrichtenhinweise zeigen Dir durch Vibration und auf dem Display an, wenn jemand Dich anruft oder Du eine Nachricht erhältst. Voraussetzung ist natürlich ein per Bluetooth verbundenes Smartphone, denn die ASUS VivoWatch BP verfügt über keine eigene Schnittstelle ins Internet oder Mobilfunknetz.
Fazit zur ASUS VivoWatch BP
Wir tun uns wirklich schwer mit der ASUS VivoWatch BP. Ein Designerstück ist sie nicht. Mit Features protzt sie auch nicht. Und mehr als andere Fitnesstracker kann sie auch nur in einer Hinsicht, aber das ist ihre Nische.
Alleinstellungsmerkmal der VivoWatch BP ist ihre unkomplizierte und jederzeit verfügbare EKG-Messung, und das in Kombination mit einer Blutdruckmessung. Zusammen mit der KI der HealthConnect-App ist das ein starker Partner zur Überwachung Deines Gesundheitszustandes. Vor allem angesichts der starken Akkulaufzeit von 28 Tagen.
Anhand der mageren Ausstattung wird aber schnell deutlich, dass die Zielgruppe hier nicht die technikverliebten Smartwatch-Connaisseure sind, sondern „ganz normale“ Menschen, denen es wichtig ist, oder die einen konkreten Anlass haben, ihre Herzgesundheit im Auge zu behalten. Die Trainingsfunktionen sind dabei quasi nur „Beiwerk“.
Erhältlich in Europa ab dem ersten Quartal 2019
Während die ASUS VivoWatch BP in Asien schon seit August dieses Jahres erhältlich ist, dauert es im „Westen“ noch ein wenig. Für die USA bemüht man sich derzeit um eine Freigabe durch die Gesundheitsbehörde FDA, und ähnlich wie bei der Apple Watch 4 geht es wohl auch in Europa um Anerkennung der EKG-Funktion als Quasi-Medizingerät. Der Preis wird voraussichtlich bei ca. 140-150 EUR liegen.